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 NATUR
Grün ist die Heide
Starke Bäume
Die Bäume im Dorf
Gerhard Dönig, Süntel-Buchen
Buchbesprechung
Erika Schmidt
Franz von Siebold

GERHARD DÖNIG, SÜNTEL-BUCHEN
 

Zum Erscheinen des Buches „Süntel-Buchen“ von Gerhard Dönig
am 5. Oktober 1912 in Bad Münder

Ein Buch über Süntel-Buchen erwartet man von einem Forstmann oder einem Wissenschaftler aus einem botanischen Garten. Der Autor dieses Buches ist von Beruf Ingenieur der Firma Siemens, der ungefähr 30 Patente der Elektrotechnik besitzt und, ganz ungewöhnlich, ein botanisches Patent für die Grünveredelung (im Gegensatz zur Hartholzveredelung) von Buchen. Von diesem Patent sagt Gerhard Dönig, dass es sein wichtigstes sei. Schon als Gymnasiast begann er mit Veredelungen von Kirschen, die ihm misslangen, und kam später über die Eichen zu den Buchen.

Die Passion scheint in der Familie gelegen zu haben. Denn der Großonkel Theodor Doll hatte in Nancy Landwirtschaft studiert und schon vor 1914 vier Apfelsorten auf einem Stamm veredelt. Auch ein Großvater nahm Veredelungen vor, so dass Gerhard Dönig, ohne sich dessen zunächst bewusst zu sein, eine Familientradition fortsetzte.

Die intensive Beschäftigung mit den Buchen, ihren durch Mutation entstandenen Formen und den durch Züchtung geschaffenen Sorten, setzte auf einer Exkursion der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft ein, die von Kiel aus nach Lehmkuhlen, Kreis Plön, führte. Dort bekam Gerhard Dönig vom Präsidenten der Gesellschaft mehrere farnblättrige Buchen, Fagus sylvatica ’Asplenifolia’, vorgeführt, betrachtete sie mit dem scharfen Blick des Ingenieurs und bemerkte: „Das ist aber nicht dasselbe. Da gibt es erhebliche Unterschiede“. Das war der Beginn einer intensiven Auseinandersetzung mit der Fachliteratur, beginnend mit dem Standardwerk von Gerd Krüssmann, und vor allem mit den Buchen selbst. Die jüngste Zusammenarbeit mit Frau Dr. Heike Liesebach vom Heinrich von Thünen-Institut in Groß Hanstorf hatte zur Folge, dass unter den 2000 Bäumen, die genetisch untersucht werden, auch 100 von Dönig gelieferte Buchen sind, darunter fünf geschlitztblättrige Buchen. Zu denen heißt es, sie seien zwar miteinander verwandt, aber nicht identisch – genau wie es Gerhard Dönig vor vielen Jahren in Lehmkuhlen schon beobachtet hatte.

Die Ergebnisse vieler Jahre harter Arbeit sind das 1987 gegründete Buchenarboretum Dönig in Altorf bei Nürnberg mit 200 Buchenarten und -sorten, eine ganze Reihe wissenschaftlicher Veröffentlichungen und die internationale Anerkennung als Fachmann für Buchen, so dass man nicht mehr von Gerhard Dönig, sondern einfach vom Fagus-Dönig spricht.

Zu den Süntel-Buchen, die botanisch zunächst Fagus sylvatica ’Suentelensis’ genannt wurden und jetzt Fagus sylvatica ’Tortuosa’, also gedrehte Wald-Buche heißen, haben die Menschen ein ambivalentes Verhältnis entwickelt, Früher waren die Bäume mit ihrem Dreh- und Krüppelwuchs der Schrecken der Forstleute, denn sie waren nur als Brennholz und sonst zu nichts zu gebrauchen. Hexenholz und Teufelsholz nannte man die unbeliebten Bäume. 1843 wurde der letzte Süntel-Buchenwald gerodet. Erst als die Baumart kurz vor der Ausrottung stand, begannen einige Menschen, die bizarre Schönheit der Bäume zu erkennen. Im Sommer hängt ihre grüne Schleppe bis fast auf den Boden. Erst wenn nach der faszinierenden Laubfärbung im Herbst die Blätter fallen, kommt das knorrige und verwachsene Holz voll zur Geltung. An trüben und nebligen Tagen können die Süntel-Buchen verwunschen und geheimnisvoll, ja gespenstisch wirken. Man begann, ihre Schönheit zu sehen, pflanzte sie in Parks und größere Gärten und bewahrte sie vor dem Aussterben.

Es verwundert nicht, dass sich Gerhard Dönig von dieser Buchenart angezogen fühlte und sie zum Gegenstand seiner wissenschaftlichen Arbeit machte. So bereiste er die Hauptverbreitungsgebiete der Süntel-Buchen, kam auch in die liebliche Landschaft von Süntel und Deister und knüpfte Kontakte zu jenen, deren Interesse den Süntel-Buchen gilt, zu Udo Mirau, Otto Freiherr von Blomberg und später zu Michael Meier. Für die Entstehung des Buches waren das Glücksfälle, denn die Ortsgruppe Bad Münder des Heimatbundes Niedersachsen übernahm die Herausgeberschaft und einen Druckkostenzuschuss, der Wanderer Werbedruck Bad Münder die Herstellung für das Buch. Es dürfte ein Standardwerk werden.

Als mich Gerhard Dönig schon vor vielen Wochen bat, ein paar Worte zum Erscheinen des Buches zu sagen, war ich noch Vorstandsmitglied der Gesellschaft Deutsches Arboretum, wie es in der Einladung steht. Das bin ich inzwischen nicht mehr, denn der Vorstand ist inzwichen verjüngt worden. Er wird in kürze auch einen neuen Vorsitzenden bekommen. Meine neu entstandenen Freiräume im Terminkalender nutzte die Arbeitsgemeinschaft Champion Trees und wählte mich zu ihrem Sprecher. Diese Arbeitsgemeinschaft wird von der großen Deutschen Dendrologischen Gesellschaft und der kleinen Gesellschaft Deutsches Arboretum getragen, so dass ich die Freude habe, im Namen beider Gesellschaften dem Autor Gerhard Dönig, dem Herausgeber und dem Verlag zum Erscheinen des Buches „Süntel-Buchen in Deutschland, Frankreich, Dänemark, Schweden und sonst in Europa“ herzlich zu gratulieren.

Heinz Schirnig