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Grün ist die Heide
Starke Bäume
Die Bäume im Dorf
Gerhard Dönig, Süntel-Buchen
Buchbesprechung
Erika Schmidt
Franz von Siebold

DIE BÄUME IM DORF
 

Die Bäume im Dorf

Vorwort zu: Gerhard Boenigk, Reinhard Pietzowsky, Dieter Richter, Bäume in Stelingen. Hrsg. Heimatbund-Gruppe Stelingen im Heimatbund Niedersachsen e. V., Garbsen-Stelingen 2011

Was wären unsere Dörfer ohne Bäume? Wir können sie uns kaum vorstellen ohne das lichte Grün der Birken und die Blüten der Rosskastanien im Frühjahr, ohne das Blätterdach der Rotbuchen im Sommer, die leuchtenden Farben des Spitz- und des Bergahorns im Herbst oder die knorrigen kahlen Äste der Stieleichen im Winter. Ganz selbstverständlich gehört der stattliche, einzeln stehende Baum in der Dorfmitte, vor einem Haus oder in der Feldmark zu unserem Ort, genau so wie die Baumgruppen auf dem Friedhof, die Alleen an den Straßen und die Obstgärten hinter den Häusern. Bäume sind Teil unserer Heimat. Wir finden sie schön, fühlen uns in ihrem Schatten wohl und lassen uns ihre Früchte schmecken.

So selbstverständlich sind uns die Bäume geworden, dass wir gar nicht mehr genau hinsehen. Dabei sollten wir gelegentlich einen Blick werfen auf die Vielfalt der Blätter, die sprießenden Knospen, den Zauber der Blüten, die Formen der Früchte oder die Narben der Rinde. Wir würden staunen. Wir würden uns an der Schönheit erfreuen. Und wir würden unser Wissen vermehren, aus Neugier und weil es Spaß macht, die Sommerlinde von der Winterlinde, den Feldahorn vom Bergahorn unterscheiden zu lernen.

Es stimmt schon, dass man vor allem sieht, was man weiß. Wenn ich eine Blattform kenne, schaue ich genauer hin, um den Baum zu identifizieren. Es stimmt ebenso, dass man schützt, was man kennt. So kann die Kenntnis von Bäumen dazu beitragen, dass man sie schätzt, ihren ökologischen Wert wie ihre Schönheit wahrnimmt. Dann werden sie hoffentlich nicht mehr so leichtfertig gefällt, weil sie stören oder es lästig ist, im Herbst das Laub zu harken.

In Stelingen hat man genau hingesehen. Wie das geschah, ist bemerkenswert, und es kann ein Beispiel für andere Orte sein. Da waren drei Senioren im „Ruhestand“, die nicht auf dem Sofa sitzen und die Zeit vertrödeln wollten, die ihnen der liebe Gott geschenkt hat. Gerhard Boenigk, Reinhard Pietzowsky und Dieter Richter wollten die Fähigkeiten, die sie aus ihrem Berufsleben mitbrachten, für die Gemeinschaft nutzen. Gerhard Boenigk hatte die Idee, für sein Heimatdorf ein Baumkataster zu erstellen, fand rasch zwei Mitstreiter, und die Drei fanden offene Ohren in der Georg-Elser-Hauptschule in Berenbostel. Aus dem Projekt „Sozial macht stark!“ wurden zwei Schüler, Martin Meier und Delil Serac, zu begeisterten ehrenamtlichen Mitarbeitern. Jung und Alt kamen zusammen.

Sie streiften durch das Dorf, sammelten Blätter, Blüten und Früchte und waren überrascht, in dem kleinen Ort nicht weniger als 71 verschiedene Baumarten kartieren zu können. Zu den einheimischen Bäumen, die sich nach der letzten Eiszeit allmählich angesiedelt hatten wie Waldkiefer, Sandbirke, Haselnuss, Stieleiche, Rotbuche und viele andere gesellten sich Bäume aus anderen Teilen Europas und solche aus fernen Ländern, die seit dem Zeitalter der Entdeckungen importiert wurden. Über botanische Gärten und Parks fanden sie den Weg in unsere Städte und Dörfer, bis nach Stelingen. Aus Nordamerika gehören Roteiche, Silberahorn, Amberbaum, Robinie, Schwarzbirke, Weymouthskiefer und Jeffreys Kiefer dazu. Südamerika wird durch die Andentanne oder Araukarie vertreten. Aus Ostasien kamen Ginkgo, Chinesische Zaubernuss und Koreatanne zu uns. Um diese Entdeckungen bekannt zu machen, anderen zu vermitteln, entstand der Plan, baumkundliche Pfade anzulegen und diesen Baumführer zu veröffentlichen.

Es verwundert nicht, dass dieses Projekt weitere Helfer und Förderer fand wie die Stadt Garbsen und die Ortsgruppe Stelingen im Heimatbund Niedersachsen, denn es ist aus mehreren Gründen bemerkenswert und beispielhaft. Da war aus ehrenamtlichem Engagement eine Aktion entstanden, die Bäume und Sträucher des Dorfes in einem Verzeichnis zusammenstellte. Da fanden Senioren und Schüler, Jung und Alt in der gemeinsamen Aufgabe zusammen. Und da ist der pädagogische Wert der Aktion, denn die Schüler lernten die Bäume ihres Ortes kennen, in einem botanischen und heimatkundlichen Unterricht, ganz zwanglos und sehr erfolgreich. Zudem werden die botanischer Kenntnisse auch anderen vermittelt, mit den baumkundlichen Pfaden und mit dieser Puplikation. Es entstand ein vorbildliches Projekt, das von dem kleinen Dorf weit ausstrahlt.

Dr. Heinz Schirnig