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IN GUTER GESELLSCHAFT
 

In guter Gesellschaft

Erstaunlich oft sind es Frauen, die bedeutende Gärten geschaffen oder gestaltet haben. Nicht nur in England, dessen „Ladygardeners“ wie Penelope Hobhouse oder Gertrude Jekyll weithin bekannt sind, auch bei uns scheint das weibliche Geschlecht immer mehr den aktiveren Part zu übernehmen. Was im Berufsleben viel zu zögerlich begonnen hat, ist bei den gesellschaftlichen, oft ehrenamtlichen Aufgaben ganz augenscheinlich und in den Gärten auch nicht mehr zu übersehen: Die ungewöhnlichen Leistungen von Frauen. Belege dafür sind in dem neuen Buch von Cordula Hamann enthalten. Es heißt „Gärtnerinnen. Von der Leidenschaft, mit Pflanzen zu gestalten“ und ist soeben in der Deutschen Verlags-Anstalt erschienen. Die Autorin, selbst Landschaftsarchitektin, stellt 18 Gärtnerinnen und ihre Gärten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz in anschaulichen Porträts vor.

Da ist Anja Maubach, die in Wuppertal das Erbe ihres Großvaters, des bekannten Staudenzüchters Georg Arends, ebenso kreativ wie tatkräftig fortführt. „Ich musste mich erst einmal von dem Gedanken befreien, dass Verantwortung nur Last sein könnte“, sagt sie. Sie ist ihren eigenen Weg gegangen, hat in Weihenstephan Gartenarchitektur studiert, in England als Staudengärtnerin gearbeitet und war in ihrem eigenen Betrieb in Wuppertal so erfolgreich, dass ihn eine Urkunde als die schönste Staudengärtnerei Deutschlands ausweist.

Da ist Marianne Foerster, die mit dem Erbe ihres Vaters, des großen Carl Foerster, die Bürde der Verantwortung für den Garten in Bornim bei Potsdam übernommen hat. Die Voraussetzungen, die sie dazu mitbrachte, waren denkbar gut. Vor die Wahl gestellt, im väterlichen Betrieb weiter zu arbeiten oder für lehrreiche Wanderjahre die DDR für immer zu verlassen, hatte sie sich schweren Herzens für Letzteres entschieden, kam über Stationen in Schweden, Italien, der Schweiz schließlich in das Büro des berühmten Landschaftsarchitekten René Pechère in Brüssel und erhielt die Chance, dort die Gärten der Weltausstellung mit zu gestalten. Das waren die besten Voraussetzungen, nach der Wende das schwere Erbe anzutreten und die Weichen dafür zu stellen, dass der elterliche Betrieb, der zu Recht unter Denkmalschutz gestellt worden war, ganz im Sinne der Tradition erhalten und behutsam weiter entwickelt wurde, so dass es auch ihr, Marianne Foersters Garten geworden ist. Der Senkgarten als Herzstück der Anlage, der Rittersporn, der Phlox und all die anderen Pflanzen, sie bleiben jetzt der Nachwelt erhalten.

Christine Orel hatte schon als Schülerin in einer Staudengärtnerei und während ihres Studiums in dem Münchner Büro Habeck und Huck gearbeitet, in dem sie nach dem Examen dann ihre Tätigkeit als Gartenarchitektin aufnahm. Hier hatte sie ihre ersten Erfolge mit der Planung des Wechselflors für die Landesgartenschau in Straubing. Das Büro Knoll aus Sindelfingen wurde auf sie aufmerksam und beauftragte sie mit der Planung des Wechselflors und der Staudenpflanzungen der Gartenschau in Pforzheim. Es folgten Aufträge der baden-württembergischen Gartenschau in Mosbach, mit denen sie den Schritt in die Selbständigkeit wagte. Dort hat sie mit einem originellen Sommerblumen-Parterre Akzente gesetzt. Auf den Gartenschauen in Magdeburg, Potsdam und Wernigerode erhielt sie weitere Chancen, ihre ungewöhnlichen Ideen umzusetzen mit auffälligen, manchmal frechen Farbkombinationen, ohne die formale Gestaltung außer Acht zu lassen. Bei den vielen öffentlichen Aufträgen gerieten ihre wunderbaren Planungen für private Gärten leider etwas aus dem Blick wie auch der eigene Familiengarten am Dorfrand ihres bayerischen Wohnortes. Neben dem fachlichen Können kommt ihrer Arbeit noch etwas anderes zugute, ihre künstlerischen Neigungen, die in der Familie mit Musik und Malerei schon vorgegeben waren.

Der Garten von Barbara Jamin-Sassmannshausen in Gehrde im Artland kann nicht verbergen, dass er von einer Künstlerin geschaffen wurde. Nach ihrer Lehre in einer Apotheke, nicht die schlechtste Voraussetzung für den Umgang mit Pflanzen, hatte sie an der Fachhochschule für Gestaltung in Siegen studiert und anschließend als Töpferin gearbeitet. Vor allem die Gärten der niederländischen Provinz Zeeland mit ihren zarten Farbkombinationen haben sie für ihre Arbeit als Gärtnerin inspiriert. Inmitten der sorgfältig, aber zurückhaltend arrangierten Pflanzen ihres Gartens steht, als gehörte sie schon immer dazu, die Windfee aus Weidenruten. Auf einer Rasenfläche liegt vor einer Hainbuchenhecke eine Kugel aus Weidenruten, und der Fuß eines dicken Baumstamms ist mit den Zweigen der Korkenzieherweide umgeben. Die Kunstobjekte und Kompositionen aus Gegenständen des Alltags bestimmt den Charakter des Gartens der Künstlerin. Es ist ein persönlicher, ganz privater Garten, der sich nur alle zwei Jahre dem Publikum öffnet. Dann aber findet er zu Recht Beachtung. Den letzten Tag der offenen Pforte nutzten 1500 Garten- und Kunstfreunde zu einem Besuch.

Die Naturbetrachtungen des Albertus Magnus und die Metamorphosen Ovids standen Pate, als Insa Winkler ihr Pflanzenalphabet entwickelte, zunächst aus Stein geschlagen, wie sie es bei Jan Koblasa auf der Muthesius-Hochschule in Kiel gelernt hatte, später aus Polsterpflanzen als eigenwilliger Schritt auf dem Weg zur Gartengestaltung. Prozesse, Entwicklungen und Veränderungen sind ureigene Themen für temporäre Gärten und gärtnerische Installationen. Dabei interveniert Insa Winkler mit ungewöhnlichen Materialien und optischen Reizen, den weißen Bambusstäben bei der Gartenlust in Weimar, den getünchten Reisern, welche die runden Beete der Hexenküche des Gartenfestivals auf Schloss Ippenburg einfassten. Nicht nur mit temporären Gärten und Landart-Projekten befasst sich die Künstlerin, auch die Gestaltung bleibender Gärten hat ihren Reiz, nicht zuletzt des kleinen, verwunschenen eigenen Gartens, der sich an das Atelier in Hude anschließt.

Im Kontext dieser Gärtnerinnen, in guter Gesellschaft, würdigt Cordula Hamann das Lebenswerk Christa von Winnings. Die Liebe zu den Bäumen hatte ihr schon ihr Vater August Bier vermittelt, der renommierte Berliner Arzt, der 1912 im Geburtsjahr Christa von Winnings ein Gutshaus mit viel Land in Sauen erworben und den Kiefernwald auf kargem märkischem Sand allmählich in einen Mischwald verwandelt hatte. Christa hatte sich durchgesetzt, eine Gärtnerlehre zu machen, gegen den Widerstand des Vaters, denn eine Berufsausbildung für Mädchen war damals keineswegs die Norm. Als es sie dann am Ende des Zweiten Weltkriegs als Flüchtling in die Lüneburger Heide verschlug, kam ihr das Erlernte zugute. Entschlossen und tatkräftig, wie sie immer war, pachtete sie ein Stück Land, baute zunächst Gemüse und Beerenobst, später Zierpflanzen an, fuhr mit den Produkten auf den Uelzener Wochenmarkt und ernährte so ihre Familie mit den vier kleinen Töchtern. Mit einem Nutzgarten begann sie 1950 auch auf eigenem Land in Melzingen. Dorthin hatte sie Samen und Sämlinge aus dem elterlichen Park in Sauen mitgebracht, die sie zur Erinnerung anpflanzte, von den kleinen Christrosen bis zu den großen Säuleneichen. Als sie sich 1968 nach vielen Jahren harter Arbeit zum ersten Mal einen Urlaub gönnte, unternahm sie eine Gartenreise. Es sollte die erste von über 70 Reisen werden, meist Exkursionen der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft, von denen sie immer Pflanzen mitbrachte. Um den stattlichen Garten, der auf 1,7 Hektar angewachsen war, auf Dauer erhalten zu können, gründete sie im Jahr 2000 eine Stiftung, der sie den Garten anvertraute. Die pflegt das Erbe Christa von Winnigs und entwickelt es in ihrem Sinne behutsam weiter zu einem Arboretum, dem Garten der Bäume. Im Mittelpunkt bleibt die Geschichte des Gartens als Spiegel der Lebensgeschichte Christa von Winnings, gegliedert in die Hauptkapitel Nutzgarten, Erinnerungsgarten und Sammlergarten. Da die Familie sich nicht in der Lage sieht, über die Stiftung zum Erhalt des Gartens beizutragen, hat sich eine Schar unermüdlicher Helfer der Aufgabe verschieben, den Garten ehrenamtlich zu pflegen. Es ist zu hoffen, dass es ihnen gelingt, den Garten Christa von Winnigs, ihr Paradies, auf Dauer zu erhalten und kompetent weiter zu entwickeln.

Cordula Hamann, Gärtnerinnen. Von der Leidenschaft, mit Pflanzen zu gestalten.
Deutsche Verlags-Anstalt, München 2008. ISBN 978-3-421-03675-9. Gebunden 29,95 €

Heinz Schirnig 2009